Wie gehen Menschen mit dem Tod um?
Wie hat sich das Abschiednehmen in unserer Stadt verändert?
Einer, der es wissen muss, ist Michael Bächler. 27 Jahre lang war er Friedhofgärtner, zunächst in Bruggen und im Feldli und dann auf dem Ostfriedhof. Seit einem Jahr ist er Facharbeiter auf dem Bestattungsamt und berät die Angehörigen, die einen Todesfall melden und den Abschied planen müssen: Wird die Verstorbene aufgebahrt? In welchem Sarg? Gibt es eine Kremation? Findet eine Trauerfeier statt? Wenn ja: in welcher Art? «Die Ansprüche der Angehörigen haben sich in den vergangenen Jahren verändert», erzählt er. «War früher klar, wo und in welcher Art Verstorbene beerdigt und verabschiedet werden, haben die heutigen Angehörigen viele Möglichkeiten: Baumfriedhof, Gemeinschaftsgrab, Nischen, Pfarrerin, Ritualbegleiter. «Immer mehr Angehörige nehmen die Urne zu sich nach Hause», erzählt Bächler. «Oder wünschen eine stille Beisetzung nur mit dem Friedhofsgärtner.»
Seit Corona finden vermehrt Abschiede im kleinen Kreis oder ganz ohne Angehörige statt. Ob das eine gute Entwicklung ist? «Jeder Mensch trauert anders. Jede Familie ist anders. Ich versuche, mit den Trauerfamilien die beste Lösung zu suchen», sagt Bächler. Einfach ist das nicht. Manchmal gibt es Konflikte, wenn die Vorstellungen der Angehörigen auseinandergehen. Und manchmal erleben die Mitarbeitenden dramatische Geschichten. Unvergessen bleibt Bächler eine junge Frau, die ihn auf dem Friedhof fragte, ob sie die Urne kurz halten dürfe. «Da drin ist meine Mutter», sagte sie. «Aber das darf niemand wissen. Mich darf es eigentlich nicht geben». Manchmal gehen Bächler die Geschichten nahe. Dann braucht er abends die Familie, die zuhört und mitträgt.
Ist es nicht zermürbend, sich jeden Tag mit dem Tod zu beschäftigen? «Ich mag meine Arbeit», betont Bächler. «Oft kann ich den Angehörigen mit meiner Erfahrung helfen, den richtigen Ort auf dem Friedhof und die richtige Art der Abschiedsfeier zu finden. Die Betroffenen sind dankbar, wenn diese Vermittlung gelingt.»
Bächler weiss aus eigener Erfahrung, wie tröstend und wichtig es sein kann, gut Abschied zu nehmen. Vor 7 Jahren verstarb sein Vater, überraschend. «Wir konnten ihn drei Tage lang bei uns zu Hause aufbahren und als Familie zusammen sein. Das habe ich in sehr guter Erinnerung.» Ein stimmiger Abschied, der die Art der Verstorbenen und der Hinterbliebenen berücksichtigt, ist etwas sehr Wertvolles, ist Bächler überzeugt.
Text Kathrin Bolt / Bild Andrea Spirig