«Ich wünsche mir einen Freund, mit dem ich über alles reden könnte und der zärtlich mit mir wäre.»
Das sagt mir Frau Schmidt (Name geändert) in einem Gespräch, als ich sie in ihrem Zimmer im Altersheim besuche. Frau Schmidt ist eine wunderbare Frau. Sie ist warmherzig und intelligent, kritisch sich selbst und andern gegenüber, dabei liebevoll und mit einem schönen Schuss Humor. Sie hat in ihrem Leben viel durchlebt und auch durchlitten und so manches zuwege gebracht. Ich besuche sie gern und verlasse ihr Zimmer jeweils beglückt und menschlich beschenkt. Ich bin überzeugt, sie wäre einem Freund eine gute Freundin. Aber die Aussichten, dass ihr Wunsch in Erfüllung geht, sind nicht allzu rosig. Frau Schmidt sieht kaum noch, ist in ihrer Mobiliät stark eingeschränkt und verbringt die meiste Zeit in ihrem Zimmer. Wie soll sie da jemanden kennenlernen?
«Einsamkeit, Hilflosigkeit und Langeweile machen einen grossen Teil des Leides von Menschen in Altersinstitutionen oder in der Gemeinde aus. Es sind Leiden des menschlichen Geistes, nicht des Körpers.
Einsamkeit ist der Schmerz, den wir fühlen, wenn wir uns nach Gesellschaft sehnen, aber nicht haben können.
Langeweile ist der Schmerz, den wir fühlen, wenn es in unserem Leben keine Abwechslung oder Spontaneität gibt.
Hilflosigkeit ist der Schmerz, den wir fühlen, wenn wir immer nur Pflege erhalten, aber niemals geben können.»
So formuliert es die Eden-Alternative und spricht von den «drei Qualen» des Alters (vgl. https://www.eden-alternative.ch). Die Bedürfnisse nach zwischenmenschlicher Verbindung, nach Abwechslung und Spontaneität und danach, einen sinnvollen Beitrag zum Ganzen leisten zu können, die hören ja nicht plötzlich auf, nicht mit der Pensionierung, nicht mit dem Auftreten gesundheitlicher Probleme und nicht mit dem Eintritt in ein Altersheim. Diese Bedürfnisse gehören zu unserem Menschsein, bis zum letzten Atemzug. Frau Schmidt geht auf die hundert zu, aber der Wunsch nach geistiger, seelischer und körperlicher Nähe und Verbundenheit, ist in ihr so lebendig wie eh und je.
Initiativen wie die Eden-Alternative, die Grundsätze formulieren für ein menschliches und würdiges Leben im Alter bieten wertvolle Gedanken- und Handlungsanstösse für Heimleitungen, Politik und Gesellschaft. Aber auch wir als Einzelne haben Möglichkeiten, einem älteren Menschen die Qualen zu lindern. In unserer Kirchgemeinde gibt es einen Besuchsdienst, wo Freiwillige Geburtstagbesuche bei Jubilarinnen und Jubilaren machen oder auf regelmässiger Basis einen älteren Menschen im Heim oder zuhause begleiten. Können Sie sich vorstellen, etwas von Ihrer Zeit und Mitmenschlichkeit zu verschenken? Dann dürfen Sie sich gerne mit jemandem aus dem Pfarrteam oder mit unserem Diakon Daniel Menzi (071 242 70 68, ) in Verbindung setzen, der die Besuchsdienste koordiniert.
Karin Scheiber